Eine Reise durch das Baskenland
Die Böen peitschen die Gischt über das Deck, und mit einem heimtückischen Sirren zischen Angelhaken gefährlich nahe an meinem Kopf vorbei. Von starken Fischerarmen nach vorne geschleudert, landen die Haken an den millimeterdicken Schnüren immer wieder mitten in der aufgewühlten kantabrischen See. Hier wird ohne Köder gefischt. Nach der Lokalisierung des riesigen Schwarms von armlangen Gelbflossen-Thunfischen werfen die Fischer haufenweise Sardellen ins Meer und bringen die Fische damit in helle Aufregung. Die silbrigglänzenden Tiere springen und schnappen in blinder Gier nach allem, was sich an der Wasseroberfläche bewegt, und das sind jetzt die Angelhaken. Die Szenerie erinnert mich an den dramatische Roman „Gran Sol“. Darin beschreibt der spanische Schriftsteller Ignacio Aldecoa den Überlebenskampf baskischer Fischer, deren Boot ein mörderischer Orkan bis in die irische See verschlägt. Und damit denen ein Denkmal gesetzt hat, die dem unbezwingbaren Meer in täglichem Ringen Fang um Fang abtrotzen. Die Arbeit ist hart auf den Booten und gefährlich obendrein. Schon manch ein Fischer holte sich schmerzhafte Wunden durch die messerscharfen Angelhaken. Jon Zearreta, der Exportleiter der baskischen Firma Ortiz, liess mich vor dem Auslaufen ein Dokument unterschreiben, worin die Spanier jegliche Verantwortung über allfällige Zwischenfälle ablehnten. Die Saison dauert nur wenige Monate, in dieser Zeit muss der Jahresbedarf an Bonito gefischt sein.
Der Bonito del Norte, wie der pfeilschnelle Fisch im Golf von Biskaya genannt wird, kommt hier noch in riesigen Schwärmen vor, dank der maximal nachhaltigen Fangmethoden mittels Angelhaken. Das Fischen von Hand hat nicht nur traditionelle Gründe. Im Gegensatz zum Fang mit riesigen Treib- und Schleppnetzen wird nur gefischt, worauf man aus ist. Delphine, Schildkröten oder weitere, gefährdeten Tierarten werden so verschont. Zudem ist diese Fischerei so anstrengend, nach einer halben Stunde sind die Fischer völlig entkräftet und müssen an Land zurück.
Die Zukunft ist nachhaltig
Es ist auch dringend nötig, die Fischbestände möglichst nachhaltig zu bewirtschaften. Nach den neusten Statistiken sinkt der Fleischkonsum in Europa kontinuierlich. Die Konsumenten geben zwar immer mehr dafür aus, was wiederum bedeutet, dass öfters auf Qualität und nachhaltige Labels geachtet wird. Gleichzeitig wird auch mehr Fisch konsumiert. Dessen Bestand ist aber in weiten Teilen der Weltmeere schon dramatisch reduziert. Das Seafood-Farming macht zwar riesige Fortschritte, doch bestehen viele Fischliebhaber auf Wildfang, was in gewisser Weise nachvollziehbar ist: An die Qualität von Fisch, der in freier Wildbahn sein Leben lang für seine Nahrung jagen und kämpfen musste, kommt das Fleisch eines Tieres, das gefüttert wird und nur faul seinen Rachen aufreissen muss, um satt zu werden, niemals heran.
Wer denkt, nachhaltige Fischerei sei neu, der irrt. Vor 20 Jahren fuhr ich die gesamte Küste der Bretagne ab, um mir einen Überblick zu verschaffen und neue Lieferanten zu finden. In Guilvinec, einem Fischerdörfchen an der äussersten Westküste, nahe Quimper, wurde ich fündig. Die Fischer, so schroff wie die atemberaubende Steilküste, wollten zuerst gar nicht mit mir reden. Doch die Aussicht auf Geschäfte mit Schweizer Kunden, die allerbeste Qualität suchten, machte sie redselig. Und ich erfuhr dadurch, dass sie die Ersten waren an der ganzen Coté ouest, die grosse Netze von ihren Schiffen verbannt hatten und sich auf den Fang der riesigen Loup de mer mittels Angelhaken zurückbesannen. Seither gibt es diese wunderbaren Tiere – die man an einer Plakette an den Kiemen erkennt – bei uns. Und wieder zugenommene Bestände dort an der Küste.
Das Glück des Entdeckers
Solche Entdeckungen machen mich glücklich. Auf diese Weise einen (zugegeben zwar kleinen) Beitrag leisten, damit die Natur wieder etwas ins Lot kommt. Denn Verzichten ist nicht meine Sache. Aber sich Einschränken und dann nur das Beste konsumieren, dieser Philosophie erliege ich gerne.
Abends ging ich mit den Fischern ins beste Lokal am Platz essen, natürlich gab es fangfrischen Loup de mer und Unmengen von Wein. Die Fahrt zurück ins Hotel habe ich nie vergessen. Der Vollmond strahlte auf das ruhige Meer, ich stoppte hoch oben über einer Klippe, im Radio sang Alannis Morisette ihre Hymne ‘Thank You’ und ich sang laut mit, von tiefster Dankbarkeit erfüllt, wie gut das Leben es auch mit mir meint.
Orte im Baskenland, die man unbedingt besuchen soll:
Bilbao und Umgebung
Guggenheim Museum. Eine Architektur Ikone, entworfen von Frank A. Gehry. Die permanente Ausstellung zeitgenössischer Kunst versammelt alle (kommerziellen) grossen Namen und deren (grossen) Kunstwerke, von Richard Sierra, Jeff Koons über Manfred Richter bis Louise Bourgeaud mit ihrer weltberühmten Riesen-Spinne vor dem imposanten Gebäude. Mir ist die permanente Sammlung gar etwas zu offensichtlich. Spannend sind meistens die speziellen Ausstellungen.
Restaurants, Märkte:
Der Fisch- und Gemüsemarkt La Ribera am Rande der Altstadt ist zu jeder Tageszeit einen Besuch wert, es hat diverse Pintxos-Bars (Pintxo ist das baskische Tapas, kleine Häppchen, meistens mit einem Holzspiess zusammengehalten) und eine tolle Auswahl an frischem Fisch, Gemüse und Fleisch.
Nerua
https://www.neruaguggenheimbilbao.com
Das Restaurant im Guggenheim Museum spielt genauso mit der Kunst, eine ziemlich komplizierte und elaborierte Küche, spartanisch die Einrichtung, experimentell, was auf dem Teller daherkommt. 6 von 10.
Restliches Baskenland
Azurmendi
http://www.azurmendi.restaurant
Etwa 20 Minuten Fahrt von Bilbao. Eine der besten Küchen der Gegend, 3 Michelin Sterne. In diesen Lokalen immer das grosse Menü nehmen, der Chef weiss am besten, was gerade Saison hat. Perfekter Service, eine unglaubliche Weinkarte und hier hatte ich wohl das beste Fleisch ever, ein Rib Eye von einer alten, baskischen Kuh. 9 von 10
Asador Etxebarri
http://asadoretxebarri.com
In Atxondo, etwa 40 Minuten Fahrzeit Richtung San Sebastian gelegen, betreibt Victor Arguinzoniz sein mittlerweile weltberühmtes Restaurant, in dem alles, sogar die Desserts, über dem Feuer zubereitet wird. Für seine Beharrlichkeit, an seinem Konzept seit 20 Jahren festzuhalten und sein Fokus auf allerhöchste Qualität haben ihm 3 Michelin Sterne gebracht und sein Lokal ist jeweils auf Monate ausgebucht. Unbedingt das Tasting Menü nehmen (es hat auch in der Regel nichts anderes) und die passende Weinbegleitung dazu. Der grillierte Kaviar ist legendär. 9.5 von 10
Kaia Kaipe und Elkano, Getaria
Die beiden Restaurants in dem kleinen Fischerstädtchen Getaria sind für ihre frischesten Fische und Seafood im ganzen Baskenland bekannt. Zubereitet wird das Meeresgetier auf grossen Holzkohlengrills vor den Lokalen. Täglich wird der frischgefangene Fisch angeliefert, manchmal zweimal im Tag und insbesondere das Elkano, das auch einen Michelin Stern besitzt, ist immer voll, bei beiden unbedingt voraus reservieren. Im Elkano war ich zum Lunch (von 13.30 bis 17.00 Uhr..), ist für mich die bessere Alternative als riesige Menüs zum Nachtessen..
Elkano 8 von 10, Kaia Kaipe 7 von 10.
Martin Berasategui, San Sebastian
http://www.martinberasategui.com/es/inicio
Das vermutlich beste Lokal Spaniens und auch das beständigste. Grandioser Empfang, ein wunderbares und grosszügig gestaltetes Ambiente, perfekter Service und die Küche bietet alles, wofür das Baskenland steht. Seafood, Fleisch von alten Ochsen und Kühen, dazu die nie elaboriert wirkende Kreativität des sympathischen und bescheidenen Kochs Berasategui. Es war auch gerade Saison für den ,Kaviar von Guipúzcoa, wie die ganz jungen Erbsen aus diesem Ort genannt werden, die Guisantes lagrima gibt es nur einige Wochen im Jahr und sie kosten 350€ das Kilo. Dazu eine Weinauswahl, die seinesgleichen sucht, auch glasweise. Es ist ratsam, auch hier das grosse Menü und die passende Weinauswahl zu wählen. Hier war ich ebenfalls zum (Nachmittags) Essen, der Besuch schlägt mit etwa 500 Euro zu Buche. 10 von 10.
Berasategui hat vor kurzem auch ein einfacheres Restaurant in der Innenstadt von San Sebastian eröffnet, das Eme Be Garrote. er bietet dort eine sogenannte ,eiskandinavische, Küche, beste Grund-Produkte, zubereitet mit der unverkennbaren Handschrift des grossen Meisters. Das alles zu sehr räsonablen Preisen, in einer ehemaligen, umgebauten Cider-Kellerei.
Arzak
War ich dieses Mal nicht, kenne das Lokal aber von früheren Besuchen. Elena Arzak, die Tochter des grossen Kochs Juan Mari Arzaks, und vermutlich die beste Köchin der Welt, hat vor einigen Jahren das Zepter übernommen und führt die 3 Michelin Sterne zu Recht in ihrem Status. Eine der besten Küchen des Landes.
Amelia, San Sebastian
https://ameliarestaurant.com
Der argentinische Koch des Lokals hat sich relativ rasch einen Michelin Stern erkocht und füllt damit sein Lokal in der Innenstadt von S. Sebastian fleissig und stetig. Eine leicht elaborierte Küche, es wird äusserst sorgfältig und mit viel Kreativität gekocht. Der Gast wird jeweils nach dem Empfang zuerst in die Küche im Untergeschoss geleitet, dort begrüsst ihn das ganze Küchenteam. Irritiert hat mich die Aussage des Chefs, dass es in Spanien keine guten Weine gibt. Die Auswahl der Weinbegleitung bestand dann auch vor allem aus italienischen und französischen Weinen, nur zwei waren aus Spanien. 6 von 10.
Zuberoa, Oiartzun
http://www.zuberoa.com
Das Lokal, etwa 25 Minuten fahrt Richtung französische Grenze, gehört zu den ältesten und traditionellsten Restaurants der Gegend. Chef Hilario Arbelaitz hält stur an seiner Philosophie fest, keine neuen Techniken, kein Firlefanz, nur beste Produkte und kochen wie es sein Vater schon getan hat. Eine herzliche, ehrliche Küche, stattliche Portionen und natürlich muss man hier die im Baskenland allgegenwärtige, grillierte Foie Gras bestellen, nirgend anders ist sie so gut wie hier. 8 von 10.
Die besten Pintxo-Bars in San Sebastian
Traditionell wandern die Basken in den frühen Abendstunden von Bar zu Bar, essen dort ein Häppchen, trinken dort ein Glas des lokalen Weins, Txakoli, ein herb-frischer, spritziger Weisswein. Natürlich ist es mittlerweile eine Touristen-Attraktion geworden und die besten Bars werden regelrecht belagert in der Saison. Meine Auswahl ist sicher nicht vollständig, aber durch meine Kontakte zu lokalen Lieferanten und Produzenten sehr verlässlich. Meistens hat jede der Pintxo-Bars eine Spezialität, für die sie besonders bekannt ist.
La cuchara de San Telmo, C/ 31 Agosto
Spezialität Foie de Landes a la plancha
Bar Borda Ferri, C/ fermin Calbéton, 12
Spezialität: Risotto
Txepetxa, C/ Pescaderia, 5
Spezialität: Anchoas
Zeruko, C/ Pescaderia, 10
Spezialität : rosa de bogavante
Bar Nestor, C/ Pescaderia, 11
Spezialität : Tortilla – Gildas
Ganbara, C/ San Jeroniomo, 21
Spezialität : Hongos y setas, Jamon
Aralar, C/ Puerto, 10
Spezialität : Merluza al horno
Gandarias, C/ de Agosto Kalea, 23
Spezialität: Muscheln, Gambas, Seeigel (in Saison), Vaca vieja
Bar Paco Bueno, C/ Mayor, 6
Spezialität : Gambas a la gabardina
A Fuego Negro, C/ 31 de Agosto, 31
Spezialität : Kobe Hamburger
Tamboril, C/ de Pescaderia, 2
Spezialität : Gambas a la gabardina, Calamares, Champiñón
Casa Urola, C/ Fermin Calbeton, 20
Spezialität: Anchoas, Gildas, Octopus
Mehr pinchos bars in SS mit der jeweiligen spezialität:
casa urola – artischocken mit papada
bar ganbara – wildpilze
txepetxa – anchovies mit vinaigrette
bar antonio – canape mit anchovies und peperoni
bar bergara – rührei mit anchovies und peperoni
narru – grilliertes iberico schwein mit apfel puree
bar gorriti – omelette sandwich mit pata negra
matalauva – fava bohnen mit iberico pork und eier vinaigrette
la vina – natürlich der cheesecake..
Rekondo, C/ Paseo de Igeldo, 57
Mehr klassisches Restaurant als Bar. traditionelle baskische Küche auf recht
hohem Niveau, ohne dass man gleich ruiniert ist.. 6.5 von 10
Toller Gourmetshop, der Fleisch von alten Kühen (vaca vieja) verkauft:
http://www.donserapio.com