Ich habe keine Übersicht über Umfang und Auswahl meiner Kochbuchsammlung. Lese ich etwas spannendes über einen Koch oder ein Restaurant oder esse gut bei einem, der Bücher herausgab, dann besorge ich sie mir. Einige nehme ich ganz selten zur Hand, andere liegen neben meinem Bett, so unverzichtbar sind sie geworden. Und da gibt es diejenigen, abgegriffen, mit Saucen- und Fettflecken verziert, sie sind die grossen Inspirationsquellen meiner fast täglichen Arbeit in der Küche.
Marianne Kaltenbach, Schweiz
Die Grand Dame der einfachen, aber ungemein schmackhaften Küche hat einige Klassiker hinterlassen, die als Standardwerke gelten. Das bekannteste ist wohl ‚Aus Italiens Küchen‘, darin sind fast alle Klassiker der besten Küche der Welt aufgeführt, einfach und gut beschrieben. Es ist wohl das Buch, das ich am längsten habe und am meisten zum Kochen benutzte, und so sieht es auch aus. Verfleckt, eingerissen und am Auseinanderfallen. Egal. Ich habe kürzlich, als es neu aufgelegt wurde, ein zweites Exemplar erhalten, das ich aber nicht gebrauche. Das wird dann einmal vererbt..
Neil Perry, Australien
Er gilt als der ‚Erfinder, der neuen australischen Küche und hat die meisten Menschen in Down Under von den Fesseln der altenglischen Küche befreit. Seit 30 Jahren erfindet sich Neil immer wieder mit wechselnden Restaurant-Konzepten neu und bleibt dabei doch seinem ureigenen Stil treu: Allerbeste, lokale Produkte, aus dem Meer und vom Land, die Hinzunahme von Einflüssen aus der chinesischen, japanischen und italienischen Küche, zusammen mit seinem grandiosen Handwerk ein Garant für tolle und auch nachkochbare Rezepte. Sein ikonischen Restaurant ‚Rockpool‘ in Sydney führte über Jahrzente die Top Resti-Liste in Australien an und er war und ist Vorbild für unzählige, junge, talentierte Köche, die sich von ihm ausbilden und inspirieren liessen. Sein Standardwerk nennt sich schlicht The Food I love. Und das spürt man auf jeder Seite. Ich hatte das Glück,vor 18 Jahren mit ihm zusammen Rezepte (Video Rezept delicuisine) für eine Globus-Promotion zu gestalten. Ein feiner Mensch und grosser Koch!
Rose Gray & Ruth Rogers, England
Die beiden Gründerinnen des berühmtem ‚River Café‘ im Westen Londons haben die italienische Küche mit ihren wunderbaren Kochbüchern erst richtig bekannt gemacht in England und ohne die beiden emsigen Damen gäbe es auch keinen Jamie Oliver, der damals als Lehrling bei Filmaufnahmen im River Café ‚entdeckt‘ wurde. Beide Frauen waren (Rose Gray ist vor einigen Jahren an Krebs gestorben) sehr begütert und verbrachten früher die Sommer in ihren Landhäusern in der Toskana. Dort haben sie auch kochen gelernt. Ihre Küche war immer von der Toskana und ihren Produkten geprägt, manchmal fast bäuerliche, aber trotzdem sehr raffiniert interpretierte Rezepte. Ich habe in keinem Restaurant in London öfters gegessen als im River Café, es ist das Einzige italienische Lokal ausserhalb Italiens, das ich regelmässig besuche, jeder Besuch war und ist unvergesslich und immer wieder eine grosse Inspiration. Und so sind es die River Cafe Bücher.
Henry Lévy, Frankreich
Ebenfalls eines meiner ersten Kochbücher, der Franzose Henry Lévy erkochte sich in den 80er Jahren in seinem Berliner Restaurant ‚Maitre‘ zwei Michelin Sterne. Er war ein total verrückter Kerl und hatte zum Glück Investoren, die für seine gastronomischen Kraftakte gerade standen. Sein Restaurant konnte nämlich gar nie nicht rentieren, für die 30 Plätze darin arbeiteten ebensoviele Köche und Kellner. Seine Küche war gradliniger klassisch französisch als alle, die ich davor und danach besuchte. Alles von Grund aus selbst gemacht, teilweise wahnsinnig komplizierte gerichte und an Tieren wurde alles verkocht, was heutzutage auf roten Listen steht. Es war eine andere Zeit damals. Nicht wenige seiner Rezepte sind trotzdem Klassiker auch in meiner Küche geworden, sei es die Pilzsuppe mit Condrieu-Wein oder die Blumenkohl-Terrine mit Krebssauce. Sein Pfeffersaucen Rezept zu einem guten Stück Fleisch ist legendär und so sind auch die von ihm jeweils zu seinen Gerichten empfohlenen Weine. Welcher sich ein normaler Mensch schlicht nicht leisten konnte. Aber ohne seine Inspirationen hätte ich wohl nie das richtige Verständnis der klassischen, französischen Küche erhalten.
Freddy Girardet, Schweiz
Was der Jahrhundertkoch und ohne Zweifel Grösster seiner Zunft in der Schweiz überhaupt für die Branche der Gutesser getan hat, ist geschichtswürdig. Was als einfaches Restaurant begonnen hat, wurde Jahrzehnte später zum Wallfahrtsort aller Gourmets dieser Welt, die auch über das nötige Kleingeld verfügten, um den halben Erdball zu reisen, um bei Herr Girardet in seinem Hotel de Ville in Crissier zu speisen. Ich hatte damals das Glück, zu den Auserwählten zu gehören, die den grossen Chef in seinem Restaurant noch erleben durften. Ich schaue mir in Kochbüchern immer ganz genau die Basisrezepte an, und seine bestechen durch Einfachheit und Klarheit. Und alles gelingt immer perfekt. Zum Beispiel dieses wunderbar einfache Dessert. Auch das zeichnet eben einen grossen Meister aus.
David Thompson, Australien
Der profundeste Kenner der thailändischen Küche. Vermutlich können nur ganz wenige – falls überhaupt – thailändische Köche es mit dem Gesamtwissen von David aufnehmen. Die Küche Thailands ist ungemein fragmentiert, in viele regionale und lokale Ausrichtungen. Thompson reiste über Jahrzehnte immer wieder in sämtliche Gebiete Thailands, sprach mit Hausfrauen genauso wie mit den lokalen Köchen und Restaurantsbetreibern und arbeitete sich tief in die Geschichte der kaiserlichen Küche Thailands hinein, deren komplexe Rezepturen die Basis dieser beliebten und würzigen Küche darstellen. Dabei betrieb David Thompson zuhause in Sydney immer auch sein Restaurant Darley Street Thai, wo er die Erkenntnisse aus seinen ausgedehnten Reisen in der Küche umsetzte. In den neunziger Jahren war es auch, wo ich ihn dort persönlich kennenlernte. Später eröffnete er dann zuerst in London, dann in Bangkok seine Restaurants ‚Nahm‘. Jenes in Bangkok ist für mich seit langem der Benchmark in Sachen Thai-Küche. Vor einiger Zeit startete er in Australien eine Restaurantkette namens Long Chim, mit Outlets in Perth, Melbourne, Sydney und Singapore.
Marcella Hazan, Italien
Die klassische italienische Küche. Es ist DAS Buch für die Insel. MEIN Buch für die Insel, müsste ich denn eines wählen. Die Anleitungen und Inspirationen dieser Ikone der italienischen Küche begleiten mich seit 25 Jahren auf meinen kochtechnischen Erfahrungen. Sie hat es wie niemand anders verstanden, die Einfachheit der besten Küche der Welt in ihren Rezepten darzustellen und so auch weniger geübte Hände zum Griff an die Pfannen zu motivieren. Bestimmt ist es auch das bestverkaufte Kochbuch ohne ein einziges Foto darin. Sie erklärt die Küche der italienische Hausfrauen schnörkellos und präzise, ohne Schnickschnack und modische Interpretationen. Ein Standardwerk, das in jede Küche gehört.
Eric Werner, Mexiko
Das bisher einzige Kochbuch von Eric Werner ist eine meiner wichtigsten Inpirationsquellen der letzten Jahre. Die Rezepte aus seinem Beach-Restaurant ‚Hartwood‘ im mexikanischen Tulum gelegen, folgen laut Werner einer neuen mexikanischen Küche, die sich stark an der Koch-Kultur Yucatans anlehnt. Wahnsinnig spannend, nur schon das Kapitel mit den Grundzutaten liest sich mega interessant, alle die verschiedenen Chili-Sorten und Gewürze, die Verwendung finden. Mit die besten Ceviche Rezepte (VideoRezeptdelicuisine)fand ich bei Hartwood. Manche Zutaten sind schwer zu bekommen hier, aber Amazon sei Dank… Sehr empfehlenswert, mit tollen Fotos!
Travis Lett, Kalifornien
Das erste Mal verfiel ich Travis Lett’s Küche in seinem Restaurant Gjelina in Venice vor 5 oder 6 Jahren, bei einem meiner regelmässigen Scouting-Ausflüge nach Kalifornien. Seither war ich noch zweimal dort und liebe dieses Restaurant, das zu den bekanntesten in Los Angeles gehört. Wäre es in Zürich, ich gäbe keine Ruhe, bis ich im selben Gebäude eine Wohnung hätte. Travis‘ Küche orientiert sich am ‚Farm-to-Table-cooking‘, superfrische Produkte möglichst aus nächster Umgebung, kombiniert mit grundsolidem Handwerk und einer kulinarischen Ausrichtung ohne (Landes)Grenzen. Die Pizzas aus dem Holzofen gehören zu den Allerbesten die ich jemals ass, die Sandwiches sind kreativ und triefen von den Condiments, Saucen und Pestos, die im Kochbuch mit dem simplen Namen ‚Gjelina‘ zu Dutzenden detailliert beschrieben sind und zum spannendsten gehören, dass es im Kochbuch-Meer gibt. Aber auch die Salate, Pasta, Gemüse und Hülsenfrüchte Rezepturen sind grossartig. Wie auch die Dessert. Es ist die Art Küche, wo man sofort weiss, so möchte man jeden Tag essen. Unterdessen sind noch mehr Lokale dazugekommen, unter Travis Fittiche. Das Gjusta, mehr Bäckerei/Café und ein Take Away, der ebenfalls in Venice liegt und gerade eröffnet er noch ein japanisches Itzekaya Konzept, ein Treffpunkt für kleine Teller und Drinks. Gjelina, one of my favourite Restaurants in the World!
Judy Rogers, Kalifornien
Es gibt trendige Restis, die öffnen und nach zwei Jahren wieder schliessen. Aus die Maus. Und es gibt Restaurants, die existieren gefühlt seit jeher und doch sind sie immer in den Listen der Trend- und Foodscouts zu finden. Das Zuni Café in San Francisco ist so eines. Die Gründerin und Executive Chef Judy Rogers, eine kulinarische Autodidaktin, nutzte Anfangs der 90er Jahre einen langen Aufenthalt in Südwestfrankreich – einer gastronomisch besonders reichen Gegend – um kochen zu lernen. Sie lernte mit Fleisch und Gemüse umzugehen und da in der Gegend alles mögliche Geflügel einen besonders hohen Stellewert aufweist, ist es kein Wunder, das Rogers roasted Chicken das Beste war, das ich jemals essen durfte. Und zwar mehrmals. Ihr Signature Dish, der Chicken Bread Salad, (Video-Rezept delicuisine) ist für 2 Personen gerechnet, ich bestelle ihn jeweils für mich alleine. Und davor den wohl besten Ceasar Salad, (Video-Rezept delicuisine) den man sich denken kann. Ihr Kochbuch ist eher ein Kompendium, denn eine Rezeptesammlung, mit unzähligen, nützlichen Tips und Tricks, die mitunter sogar ins Wissenscaftliche abgleiten. Der Text über Fleisch und Geflügel im Voraus salzen ist Mantra geworden für viele Köche auf der Welt. Auch für mich.
Claudio del Principe, Schweiz
Einen Koch wie Claudio zu seinen Freunden zählen zu dürfen, ist ein Glücksfall. Dann kommt er nämlich auch manchmal in meine eigene Küche und zeigt mir live einige seiner Rezepte und Tricks, noch mehr als auf seinem wunderbaren Foodblog zu finden sind. Sein letzter Streich – A Casa, gut kochen und besser essen – ist nicht nur eine fantastische Sammlung sinnlicher Rezepte aus verschiedensten Regionen Italiens, Claudio bringt auch immer seinen ganz persönlichen Geschmack in die Zubereitungen. Für mich ist die köstliche Sammlung von Zubereitungen und handwerklichen Anleitungen (nur schon das Kapitel über das Brotbacken ist grandios!) auf derselben qualitativen Ebene wie Marcella Hazans Bibel ‚Die klassische italienische Küche‘. Die ungemein anregenden Bilder im Buch fotografierte er alle selbst und das Wichtigste findet sich fast auf jeder Seite: Geschichten. Denn erst Geschichten machen aus einem Buch – ganz egal, ob Kochbuch oder Roman – eine Preziose, die man immer und immer wieder lustvoll in die Hand nimmt. Ein zeitloses Meisterwerk, fernab jedes kurzlebigen Kochtrends. Danke Claudio!
Skye Gingell, Australien
Wer erinnert sich noch an eines der schönsten und romantischten Restaurants in London, der Petersham Nursery im Westen Londons? Ein riesiges, im Betrieb stehendes Gewächshaus einer grossen Gärtnerei, idyllisch an der träge dahinfliessenden Themse gelegen, wunderbar! Skye erkochte sich dort einen Michelin Stern, bevor sie nach einer kreativen Pause im altehrwürdigen Somerset House im Londoner City-Center ihr Restaurant Spring eröffnete. Augenblicklich wurde es gehypt und das zu Recht. Ihre simple, schnörkellosen gerichte reflektieren die Saison und grundsolides Handwerk. Die Rezepte sind provenzalisch-italienisch geprägt, mit Anflügen aus der modernen, britischen Küche. Skye Gingell arbeitet eng mit einer Farm ausserhalb Londons zusammen, die ihr fast alle ihre Produkte liefert, die gerade Saison haben. Ihre bisherigen 3 Kochbücher stehen alle bei mir oft im Einsatz, sie sind unprätentiös fotografiert und gerade darum auch eine grosse Hilfe für kochende Menschen, die Gerichte nach Bildern kochen.