Nun, bevor mich die Hardcore-Feministinnen-Szene in der Luft zerreisst, eine Anmerkung: Zum einen fehlt im Titel das Wort ‘zurück’, zum anderen meine ich es mit meinem Appell ganz pragmatisch, und was die Örtlichkeit angeht, den Herd im Restaurant. Esse ich dort, ist mir völlig wurscht, wer mir eine solche zubereitet. Mann, Frau, ob einer, der aussieht wie die Andere oder umgekehrt, das Eine mal war, oder nicht mehr sein will, was sie/er/es gerade verkörpert, egal. Hauptsache, es schmeckt, und ich werde gut behandelt. Wie beim Oelwechsel meines Motorrades, beim Bau meines Hauses, oder wer denn im Cockpit sitzt, besteige ich einen Flieger. Auch alles Berufe, die scheinbar für Frauen zu wenig attraktiv, zu anstrengend, zu familienfeindlich, zu wenig lukrativ sind; auch bei Maurern, Mechaniker und Piloten ist der Frauenanteil minim.
Frauen sind faul und geldgierig
Aber aufgepasst, ich spüre das Eis dünn werden unter meinen Füssen. Das Thema lauert hinter vielen (Berufs)Ecken und poppt ständig hervor. Und polarisiert. An einem Pop Up Dinner in Basel letzthin war es plötzlich Tischgespräch und nicht lange zuvor verteidigte ich in den sozialen Medien einen GaultMillau-Anlass gegen miesepetrige Vorwürfe aus der Feministen-(ja, auch Männer waren darunter) Foodbloggerszene. Ob denn die kochende Männer-Elite nichts Gescheiteres zu tun hätte, als gut aussehend die anwesenden Damen zu erfreuen (gemeint war Beau de Cuisine Andreas Caminada) oder 13 Kilo Kaviar zu verkochen (tatsächlich kochte keiner der anwesenden 17-Punkte+ KöchInnen damit, sondern ein Kaviar-Händler verdegustierte diese Menge unter den Anwesenden). Und natürlich griffen sie übellaunig das Thema der ungleichen Geschlechterverteilung in den Top-Twenty der helvetischen Küchen auf, an der grandiosen Party im Grand Resort Bad Ragaz waren es gerade einmal zwei Köchinnen. In der Kochzunft sieht es leider nicht anders aus, als in allen anderen, obersten Gremien in Wirtschaft und Politik. Einige meiner Erklärungsversuche – hohe physische Belastung, dazu eine dem Stress und den familienfeindlichen Arbeitszeiten unadäquate Entlöhnung – wurden zwar erhört, kamen aber ganz anders an: Aha, hört, was uns der Kerl sagt: Frauen sind faul und geldgierig! Im gleichen Atemzug wurde mir auch gleich Sexismus und Rassismus unterstellt. Nun, als einer der gerne austeilt, stecke ich auch (wider)willig ein. Aber gerne fundiert, und nicht mit trollhaften und kleingeistigen Pauschalverurteilungen.
Haare ab oder keine Lehrstelle
Tanja Grandits, mit Johanna Maier, Elena Arzak oder Anne Sophie Pic eine der raren europäischen Frauen, die in ihren Küchen zurecht von Sternen und Punkten überhäuft werden, erklärt ihren Erfolg – der ihr trotzdem Raum für eine Familie lässt – so: «Mein Geschlecht war mir bei der Berufswahl und in meiner Karriere nie einen Gedanken wert. Ich verfolgte und lebte konsequent meine Idee, ohne mich mit anderen zu vergleichen». Sie fördert gezielt Frauen in ihrem Team, ist bei Bewerbungen die Qualifikation ebenbürtig, nimmt sie die Frau. Was sie besonders schade findet: «Die Ausbildung beginnen nahezu gleich viele Mädchen wie Jungen, doch besonders für die weiblichen Köche scheint es ein Lebensabschnittsberuf zu sein». Was irgendwie verständlich ist, abends und an Wochenenden arbeiten, das macht es schwer, auszugehen oder gar eine Beziehung zu leben. Irma Dütsch, lange Jahre die beste Köchin der Schweiz, legt nach: «Vor 50 Jahren wollte mich im Welschland kein Küchenchef als Lehrling. Das sei nichts für Frauen». Eine seltsame Aussage. Hat nicht jeder Mann in seiner Kindheit die eigene Mutter als die erlebt, die für ihn das Essen kochte? «In der Deutschschweiz sah man das anders, aber ich musste mich behaupten, der rauhe Umgangston war nichts für zartbesaitete Gemüter. Zudem stellte der Küchenchef die Bedingung, dass ich meine tollen, langen Haare abschnitt, was ich höchst widerwillig auch tat. Das Machogehabe der Köche – Gott sei Dank heute weitgehend Vergangenheit – zwang mich, stets besser zu sein als sie. Eine harte Erkenntnis, schlussendlich führte sie mich aber an die Spitze der Brigade». Was mich unweigerlich zur Frage führt, warum denn die lästernden Foodie-Bloggerinnen den steinigen Weg in den Koch-Olymp nicht auf sich nehmen und den Jungs zeigen, wo Koch-Gott hockt?