Die Freiheits-Suppe – oder wie legendäre Rezepte entstehen.
Mitternacht ist längst Geschichte. Die fünf Gestalten – vermummt, nicht maskiert – drängeln zur Hintertür der Küche herein, kaum hat der Wirt des Hotel Adler aufgesperrt. «Leise jetzt! So laut, wie Ihr Eure Parolen in der Öffentlichkeit verbreitet, das geht hier nicht. Die Impf-Gestapo treibt sich in unserer Gegend herum! Und im Seminarraum unter dem Dach meditieren Roger Köppel und sein Weltwoche-Team, sie bereiten sich auf ein Ayahuasca-Retreat vor. Ihr Schamane war gerade vorher hier in der Küche und hat seinen Dschungel-Sud aufgesetzt. Sobald der eingekocht ist, ballern die sich damit ins Nirvana, dann haben wir hier unsere Ruhe». Ueli Maurer wundert sich, dass keine Frau in der Küche steht und zitiert Einstein: «Die schmeissen doch sonst den Haushalt? Zu viel mehr sind sie ja nicht zu gebrauchen» Vor der Tür ist lautes Gebimmel zu hören. Trychler Andy stapft in die Küche und stellt seine Riesenglocke auf den Herd. «Raus aus der Glocke mit dem Köppel, äh, Klöppel, den brauchen wir zum Umrühren», weist Thomas Aeschi den Mörgeli an. Der montiert ihn heraus und wiegt das Teil mit grossen Augen prüfend in der Hand. Thomas Glarner errät seine Gedanken: «Nicht noch mehr Penis-Neid, lieber Christoph. Seit Deinem Artikel über Alain Berset, wie der es krachen lässt in Schwarzwälder Betten, denkst Du an nichts anderes mehr. Er ist ja auch noch einiges jünger als Du», und stellt die ihres Schwengels befreite Glocke umgekehrt auf den Holzstoss im Grill. «Ueli, Du als Bundesrat musstest Dich opfern für eine Impfung, das schreiben wir Dir Dann auch auf Deinen Grabstein, aber jetzt her mit Deinem Zertifikate-Wisch, damit starten wir das Feuer für unsere Suppe».
Der Koch schraubt einige Evian-Flaschen auf und leert ihren Inhalt in die Glocke. Nicolas Rimoldi rauft sich die Haare: «Macron-Wasser, bist Du von Sinnen? Bestimmt ist es mit Impfstoff verseucht!» und schüttet das Mineralwasser weg. «Damit gelingt unsere Freiheits-Suppe niemals! Hier sind 3 Mass-Voll Urner Wasser, geschöpft unter der Tellsplatte». Ueli Maurer kippt die mitgebrachten Gschwellti und Käse in die Glocke, der Trychler schnippt die Asche seiner Krummen dazu und giesst zwei Liter Milch hinein. «Von Vreny. Meiner besten Kuh im Haus.» Der Widerschein der lodernden Flammen im Grill taucht die abgedunkelte Küche in mythisch-konspiratives Licht. Mörgeli erhebt pathetisch seine Stimme: «Wir wollen sein ein einzig Volk von Nichtgeimpften, frei sein wie vor Corona, eher den Tod, als mit Maske und Zertifikat leben, wir wollen trauen auf den höchsten, ähh…, auf Christoph, und uns nicht fürchten vor der Macht des BAG». Aeschi schluckt bewegt, zieht seinen Scheitel nach und hebt zum Gruss den Arm nach oben: «Wir Ungeimpften werden mit dieser Suppe schlank und rank sein, flink wie Ueli auf seinem Velo, zäh wie Blocher, unverfroren wie unsere Klima-Lüge und hart wie Glockenstahl!» Maurer drückt ihm diskret den schräg nach oben zeigenden Arm nach unten. «Aeschi, für den Eid der Genossen reichen drei aufgestreckte Finger, Bring da bloss nichts durcheinander». Und wirft eine angebissene Bratwurst in die Glocke. Der Wirt doppelt mit Bschüssig-Hörnli nach und ruft den Koch. «Da stehen einige kleine Töpfe auf dem Herd, meine Frau hat Rinder-Hoden gekocht, für die spezielle Würze. Und für die besondere Kraft, gell Mörgeli, hinein damit» und zwinkert ihm zu. Der Koch greift daneben, statt der Fleischbrühe landet der Ayahuasca-Cocktail in der Suppe.
Die Suppe köchelt etwas ein, dann stellen sich die Hobbyköche diszipliniert zum Essen-Fassen auf. Ueli Maurer zuerst, er kam mit dem Velo und hat Kohldampf. «Etwas bitter, aber gegen diese Suppe ist kein Widerstandskraut gewachsen», nuschelt er. Dann bedienen sich alle anderen und tauchen ihre Armee-Gamellen in die zur Pfanne umfunktionierte Glocke.
Dreissig Minuten später liegen alle draussen im feuchten Gras und heulen den Sternenhimmel an. Maurer reisst sich sein Freiheitstrychler-Shirt vom Leib, Thomas Glarner zeigt ihm die imaginäre, rote Karte. «Die bist Du Dir ja gewohnt von deinen falschen Kollegen im Bundesrat». Mörgeli sieht E.T. mit dem Gesicht von Berset vor der hellen Mondscheibe durch die Luft radeln, auf einem Militärvelo. «Hört der endlich auf, Bundes-Fahrzeuge für seine privaten Lust-Ausflüge zu missbrauchen?» stammelt er mit letzter Kraft, dann kippt er rückwärts ins Gras und ins Delirium. Der Trychler spielt Luftgitarre und schreit den AC/DC Song ,Hells Bells› über die Weide, dann hält er sich für einen Muni und bespringt den entblössten Ueli Maurer. «Muuhh, insgeheim war ich schon immer für die Ehe für alle!».
Im Seminarraum unter dem Dach sitzt die versammelte Weltwoche-Redaktion im magischen Kreis um Roger Köppel und erhofft sich vom geplanten Drogenrausch neue Schwurbel-Erkenntnisse. In der Küche kratzt sich der Ayahuasca-Schamane am Kinn und sucht verzweifelt die Pfanne mit seinem Lianen-Tee. «Der köchelte doch hier auf dem Herd vor sich hin…»?
Meine Auffassung von Freiheitssuppe findet sich hier. Den Mascarpone bitte mit einem Schweizer Frischkäse ersetzen, sollte Ihre Gästeschar aus Anhängern von SVP, Massvoll, Freiheitstrychler, Kuh-Kux-Klan, Freunde der Verfassung sowie generell aus Impfverweigerern und sonstigen Corona-Schwurblern bestehen.