Hands UP!!
Ungern gebe ich zu: Ich bin ein Waffennarr. Waffen faszinieren mich. Nun, nicht Revolver und Handgranaten, die trieben mir schon in der Rekrutenschule den Angstschweiss auf die Stirn. Auch wenn sie mir damals zum unrühmlichen, doch für mich glücklichen Ausschluss aus dem Verein verhalfen. Meine Drohung, die Granate – anstatt nach vorne in den Graben – nach hinten zu den Offizieren zu werfen, um die kriegsreale Wirkung zu testen, blieb nicht folgenlos. Das Essen war auch kein Grund, zu bleiben.
Nein, meine (Geheim)waffen töten nicht. Im Gegenteil. Sie erheben jedes Gericht, das ich mir koche, in den kulinarischen Adelsstand, ihre Wirkung führt mitten hinein ins Geschmacksglück. Mein Munitions- pardon, Kühlschrank, ist voll von ihnen, ihre Wirkung entzücken mich und Gäste immer wieder aufs Neue. Zum Beispiel Bottarga. Der gepresste und getrocknete Thunfisch-Rogen, alleine oder zusammen mit frischem Seeigel-Inneren auf profane Spaghetti geraspelt, verleitete eingeladene Damen schon zu spontanen Heiratsanträgen. Aber auch wenig davon in eine Fleischsauce oder Mayo geschabt, in ein Tatar oder Dressing gemischt, verhilft zu einer ungeahnten Geschmackstiefe. Ein weiterer, unverzichtbarer und natürlicher Geschmacksverstärker sind Sardellen. Müssig zu erwähnen, dass auch hier nur die Allerbesten ins Haus kommen, in Öl eingelegte aus Kantabrien oder Cetara, oder die eingesalzenen aus der Ortschaft Collioure, an der französischen Mittelmeerküste. Keine Pasta, kein Ossobuco oder sonstige Gerichte, die in einer gehaltvollen Sauce langsam ihrer Vollendung entgegen schmoren, werden von den silbrigen Fischlein verschont. Grabe ich weiter in meiner gekühlten Schatztruhe, kommt das Estratto zum Vorschein. Eine in Gläser gefüllte, feuerrote Geschmacksbombe aus Sizilien. Dafür werden reife Tomaten an der Sonne getrocknet, danach zermanscht, auf grosse Bretter gestrichen und nochmals während dreier Wochen an der Sonne getrocknet, abends jeweils ins Haus genommen, nichts als die Sonne soll das Wunderelixier stärken. Die Wirkung in einem Sugo oder einer Suppe ist dann auch kernfusionswürdig intensiv. In meinem Arsenal der geschmacklichen Superwaffen dürfen auch Kapern nie fehlen, hier muss ich häufig aufmunitionieren, so eifrig verkoche ich die eingesalzenen Blütenknospen. Müssig zu erwähnen, dass nur die kleinen Kapern von der Insel Pantelleria gut genug sind, um in meiner Pasta, dem Risotto oder auf geschmortem Fisch und Oktopus ihre grossartige Wirkung zu entfalten.
Japanische Wunderwaffe
Die ultimative Zutat, um fast jedes Gericht geschmacklich zu nobilitieren, hat ihren Ursprung in Japan. Miso. Die Paste aus fermentierten Sojabohnen lässt sich unbegrenzt einsetzen und verleiht auch europäischen Rezepten den Aromakick. Suppen, Seafood, Geflügel, Gemüse, ja sogar ein Zürcher Geschnetzeltes profitiert davon, alles was von Sauce begleitet oder über einem Feuer gebraten wird. Ähnliche Wirkungen erlebe ich auch beim Einsatz jahrzentelang gereifter Sojasauce oder Kojii, ein Pilz in Flüssigform, der beim Fermentieren von Reis beim Sakebrauen entsteht. Nur sind diese beiden Zutaten sehr schwierig zu beschaffen hier.
Ablaufdatum? Wieso auch.
Was meinen liebsten Kühlschrankbewohnern gemein ist: Sie sind nahezu unbeschränkt haltbar. Natürlich muss bei deren Einsatz die Dosierung so angepasst werden, damit das fertige Gericht nicht den jeweiligen Geschmack der Powerzutat annimmt, sondern ihre Wirkung sich auf das Geschmackverstärken des damit behandelten Produktes beschränkt. Niemand will Sardellengeschmack, beim Biss in den Ossobuco. Auch sollte immer ganz am Schluss gesalzen werden, falls überhaupt. Meine Geheimwaffen bringen niemanden um, sind aber so voll mit Umami, dem fünften Geschmack, da ist salzen oft überflüssig.
Hands UP!!
Ungern gebe ich zu: Ich bin ein Waffennarr. Waffen faszinieren mich. Nun, nicht Revolver und Handgranaten, die trieben mir schon in der Rekrutenschule den Angstschweiss auf die Stirn. Auch wenn sie mir damals zum unrühmlichen, doch für mich glücklichen Ausschluss aus dem Verein verhalfen. Meine Drohung, die Granate – anstatt nach vorne in den Graben – nach hinten zu den Offizieren zu werfen, um die kriegsreale Wirkung zu testen, blieb nicht folgenlos. Das Essen war auch kein Grund, zu bleiben.
Nein, meine (Geheim)waffen töten nicht. Im Gegenteil. Sie erheben jedes Gericht, das ich mir koche, in den kulinarischen Adelsstand, ihre Wirkung führt mitten hinein ins Geschmacksglück. Mein Munitions- pardon, Kühlschrank, ist voll von ihnen, ihre Wirkung entzücken mich und Gäste immer wieder aufs Neue. Zum Beispiel Bottarga. Der gepresste und getrocknete Thunfisch-Rogen, alleine oder zusammen mit frischem Seeigel-Inneren auf profane Spaghetti geraspelt, verleitete eingeladene Damen schon zu spontanen Heiratsanträgen. Aber auch wenig davon in eine Fleischsauce oder Mayo geschabt, in ein Tatar oder Dressing gemischt, verhilft zu einer ungeahnten Geschmackstiefe. Ein weiterer, unverzichtbarer und natürlicher Geschmacksverstärker sind Sardellen. Müssig zu erwähnen, dass auch hier nur die Allerbesten ins Haus kommen, in Öl eingelegte aus Kantabrien oder Cetara, oder die eingesalzenen aus der Ortschaft Collioure, an der französischen Mittelmeerküste. Keine Pasta, kein Ossobuco oder sonstige Gerichte, die in einer gehaltvollen Sauce langsam ihrer Vollendung entgegen schmoren, werden von den silbrigen Fischlein verschont. Grabe ich weiter in meiner gekühlten Schatztruhe, kommt das Estratto zum Vorschein. Eine in Gläser gefüllte, feuerrote Geschmacksbombe aus Sizilien. Dafür werden reife Tomaten an der Sonne getrocknet, danach zermanscht, auf grosse Bretter gestrichen und nochmals während dreier Wochen an der Sonne getrocknet, abends jeweils ins Haus genommen, nichts als die Sonne soll das Wunderelixier stärken. Die Wirkung in einem Sugo oder einer Suppe ist dann auch kernfusionswürdig intensiv. In meinem Arsenal der geschmacklichen Superwaffen dürfen auch Kapern nie fehlen, hier muss ich häufig aufmunitionieren, so eifrig verkoche ich die eingesalzenen Blütenknospen. Müssig zu erwähnen, dass nur die kleinen Kapern von der Insel Pantelleria gut genug sind, um in meiner Pasta, dem Risotto oder auf geschmortem Fisch und Oktopus ihre grossartige Wirkung zu entfalten.
Japanische Wunderwaffe
Die ultimative Zutat, um fast jedes Gericht geschmacklich zu nobilitieren, hat ihren Ursprung in Japan. Miso. Die Paste aus fermentierten Sojabohnen lässt sich unbegrenzt einsetzen und verleiht auch europäischen Rezepten den Aromakick. Suppen, Seafood, Geflügel, Gemüse, ja sogar ein Zürcher Geschnetzeltes profitiert davon, alles was von Sauce begleitet oder über einem Feuer gebraten wird. Ähnliche Wirkungen erlebe ich auch beim Einsatz jahrzentelang gereifter Sojasauce oder Kojii, ein Pilz in Flüssigform, der beim Fermentieren von Reis beim Sakebrauen entsteht. Nur sind diese beiden Zutaten sehr schwierig zu beschaffen hier.
Ablaufdatum? Wieso auch.
Was meinen liebsten Kühlschrankbewohnern gemein ist: Sie sind nahezu unbeschränkt haltbar. Natürlich muss bei deren Einsatz die Dosierung so angepasst werden, damit das fertige Gericht nicht den jeweiligen Geschmack der Powerzutat annimmt, sondern ihre Wirkung sich auf das Geschmackverstärken des damit behandelten Produktes beschränkt. Niemand will Sardellengeschmack, beim Biss in den Ossobuco. Auch sollte immer ganz am Schluss gesalzen werden, falls überhaupt. Meine Geheimwaffen bringen niemanden um, sind aber so voll mit Umami, dem fünften Geschmack, da ist salzen oft überflüssig.